1953 - heute Flensburger Brauereien Emil Petersen GmbH & Co. KG (Text: Stephan Wiese)
Nach der Überplanung des Betriebes und Vergrößerung des Sudhauses schließen sich 1953/58 der Bau einer neuen
Flaschenkellereianlage, sowie 1954 die Errichtung eines Pförtnerhauses und Expeditionsgebäudes an.
1955-62 findet eine fortlaufende Erweiterung des Gärkellers statt und 1956 wird ein neuer Tiefbrunnen geschaffen, um sich auch
in Zukunft das gute Brauwasser in Flensburg zu sichern.
1958/60 folgen sodann der Einbau von Würze- und Bierseperatoren, sowie Plattenkühlern.
Bereits Anfang der Fünfziger nimmt sich die Brauerei eine Figur eines
Shakespeare-Klassikers, den "Falstaff" zum Vorbild (lebenslustiger Ritter, Säufer
und Prahler) und benennt verschiedene Biersorten danach. Schon 1953 wurden
die ersten Etikettenentwürfe dafür geschützt, jedoch nicht herausgebracht.
Ende 1957, als Gruß zum Jahreswechsel erscheint erstmals ein Hinweis auf
dieses Bier in der Zeitung, jedoch im Verkauf ist es schon länger.
Mit der beliebten Quick-Limonade
verhält es sich ähnlich. Gibt es die
Limonade schon seit 1951, so bringt die
Brauerei erstmals am 31.05.1958 einen
Hinweis dafür in den Flensburger
Nachrichten. Das läßt wohl darauf
schließen, daß einige Produkte einfach
keiner weiteren Werbung bedurften, weil sie ohnehin gut verkauft wurden. Für die
Limonaden trifft das allemal zu.
Am 01.10.1959 steht den Flensburger Brauereien ein weiterer historischer Tag ins Haus.
Von diesem Tage an wird der Geschäftsbetrieb der "Husumer Bierbrauerei Clausen
Fuglsang" übernommen.
Die im Husumer Schloßgang angesiedelte Brauerei kann seit 1770 auf eine lange
Tradition zurückschauen, die seit 1895 von der Familie Fuglsang aus Hardersleben bis
1959 maßgeblich geprägt wurde.
Die Flensburger Brauereien werden künftig die bekannten Husumer Biersorten, wie
"Husumer Bier-Herrenhaus Pils", "Husumer Export", "Husumer Malzbier", "Husumer
Bock hell" und "Husumer Rebellenbock des Husumer Herrenhauses" der gleichen
Qualität unter gleichem Namen brauen und verkaufen.
1979 wird es schließlich von Seiten der Behörden verboten in Flensburg ein Bier zu brauen, welches sich "Husumer Bier" nennt.
Die meisten Gaststätten, die bis dahin ausschließlich "Husumer Bier" beziehen, werden auf "Flensburger Bier" umsteigen und
der Brauerei wird kein großer Verlust entstehen.
Aber zurück in die Sechziger. Um 12:42 Uhr des 09.01.1961 wird der
Aufbau der Brauerei wieder einmal jäh unterbrochen.
Diesmal ist es ein Großfeuer, ausgelöst durch eine Explosion eines
Gasgemisches bei Bauarbeiten im Treberraum.
Die Feuerwehr kämpft mit 140 Mann zusammen mit dem Technischen
Hilfswerks gegen die Feuersbrunst, die allerhand Schaden anrichtet.
Noch Tage später melden die Brandwachen ein erneutes Aufflackern
der Flammen, die mehrere Nachlöscharbeiten nötig machen.
Glücklicherweise wird der Brauereibetrieb dadurch nicht wesentlich
unterbrochen, mehrmals wird sogar darauf hingewiesen, daß der
Verkauf in unverminderter Weise weitergeht.
1961, wohl infolgedessen, geschieht ein weiterer Ausbau des
Sudhauses, sodann die Neugestaltung des Bürogebäudes und die
Errichtung eines neuzeitlichen Lagerkellers in Gestalt eines wuchtigen Betonwürfels von 24 mal 28 Metern und 8 Meter Höhe.
Am 06.09.1963 jährt sich der Gründungstag der Flensburger Brauereien, angefangen 1888 bei dem Vorgänger, der "Export-
Brauerei", nunmehr zum 75. Male. Dieses Jubiläum wird groß gefeiert und mit einer sehr schönen und ausführlichen Chronik
gewürdigt, in der vor allem der menschliche Aspekt einer jeden Entscheidung im Werdegang der beiden größten Brauereien
gebührende Anerkennung findet. Außerdem werden schöne Raritäten so bildlich dokumentiert und sind später besser zu
datieren. Desweiteren hebt die Chronik hervor, daß sich der Bierausstoß seit 1949 schier versechsfacht hat, Hut ab Emil
Petersen und seinen vielen Mitarbeitern, die zweifelsohne in der Nachkriegszeit wertvollste Arbeit geleistet haben.
Von 1970-72 stellt die Brauerei aus Kostengründen von Holz- auf Kunststoffkisten um, schon vorher trennt man sich von den
traditionellen Holzfässern und entscheidet sich im Geiste der Zeit für die hygienischeren, sowie haltbareren Aluminiumfässer.
Nur zwei Jahre später am 14.09.1974 stirbt der Konsul Emil Petersen im Alter von 74 Jahren. Schon zu Lebzeiten für seinen
Einsatz für die Brauerei gewürdigt, wird er auch jetzt für sein Wirken, auch außerhalb der Brauerei, so z.B. für sein Amt als
schwedischer Konsul und Präsident der Flensburger Industrie- und Handelskammer, vielfach anerkennend geehrt.
Ab 1976 wird das Absatzgebiet auf ganz Schleswig-Holstein und Hamburg ausgedehnt, ab 1980 Schluck für Schluck auch auf
Niedersachsen, Bremen und Berlin. Heute ist das Flensburger Bier bundesweit verbreitet, wobei der Hauptabsatz nach wie vor
im Norden der Republik liegt.
Mitte 1981 wird eine neuartige Flaschenabfüllanlage in Betrieb genommen, die 45.000 Flaschen pro Stunde füllen kann. 1994
wird diese Entwicklung durch eine Anlage, die 80.000 Flaschen pro Stunde schafft, nochmals übertroffen.
Von 1983-93 produziert die Brauerei nur noch eine Biersorte, danach kommt das "Flensburger Alkoholfrei", 1998 das
"Flensburger Dunkel" und 2001 das "Flensburger Weizen" auf den Markt.
1984 sind mittlerweile 80 Millionen Bügelverschlußflaschen im Umlauf und der Betrieb beschäftigt schon 204 Mitarbeiter.
1987 kann man seit 1977 auf eine Umsatzsteigerung von 21,5 Mio. auf 92 Mio. Mark blicken. Mit 280 Mitarbeitern immer noch
ein wachsender Zweig mit durchschnittlichen Investitionen von 10 Mio. Mark jährlich. Im gleichen Jahr verkauft die Brauerei 170
Mio. Flaschen Bier, der Faßbieranteil liegt nun bei 12%.
26.01.1988, ein weiterer Tag der Katastrofen, der 2. Großbrand bricht in der Brauerei aus. Diesmal im Gär- und Lagerkeller, wo
die Isolierungen entlang der bis zu 40 Meter hohen Lagertanks in Brand geraten. Auch hier ist die Flensburger Berufsfeuerwehr
lange Zeit im Großeinsatz. Die Löscharbeiten stellen sich außerordentlich schwierig dar, weil in so großer Höhe kein effektives
Löschen möglich war.
Länger ist die Brauerei nicht lieferfähig, und das in einem Jahr, in dem noch ein sehr wichtiges Ereignis ansteht:
Im September 1988 feiert sie nämlich ihr mittlerweile 100-jähriges Jubiläum, die Anlagen sind bis zu diesem Termin
weitestgehend wieder hergestellt. Unter den 1.180 deutschen Brauereien ist die Flensburger auf Platz 45 und hat seit Gründung
1888 sage und schreibe 7,4 Mio. Hektoliter Bier gebraut, davon 1,8 Mio. bis 1945 und 5,6 Mio. von 1949-1987. Das sind
insgesamt 2,2 Milliarden Flaschen Bier, aneinandergereiht ergibt das eine Strecke von 154.000 Kilometern, oder gar 4 mal um
die Erdkugel. Zum Jubiläum erscheint von der Brauerei ein Replikat der seltenen "Turmflasche"*.
1990 kommt schließlich der Club der Flensburger Brauereien Raritätensammler ins Spiel.
Ein brauereiinteressierter Glücksburger sammelt schon seit längerem Flensburger Brauereiexponate und trägt eine Menge
schöner Raritäten zusammen. Durch Zeitungskleinanzeigen werden weitere auf ihn aufmerksam und im Herbst 1990 wird der
Club geboren, von nun an trifft man sich regelmäßig mit immer steigenden Mitgliederzahlen.
Von anfangs 10 Sammlern, zählen wir heute schon über 70 Frauen und Männer, die diese Leidenschaft für sich entdeckt haben.
Seit dem April 1995 beteiligen wir uns fast jährlich an dem "Tag des deutschen Bieres" der Brauerei mit einer ausführlichen
Ausstellung und im April 1997 stellten 6 Männer des Clubs mit 14,66 Metern einen neuen Weltrekord im Bierdeckelturmbau auf
und sicherten sich somit den Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Auch hier, ebenso wie bei der Realisierung dieses
Kataloges, hat uns die Brauerei großzügig unterstützt. Ebenso bei der Vorfinanzierung von großen Ausstellungsvitrinen war die
Brauerei 2000 sehr behilflich.
1994 erreicht die Brauerei mit 666.000 HL Bierausstoß einen neuen Betriebsrekord.
Ferner bleibt noch zu erwähnen, daß am 21.08.1995 der "Plop-Shop" der Brauerei seine Türen öffnet und fortan Flensburger
Brauereiartikel verkauft, sehr zur Freude der Sammler und Sammlerinnen.
Ebenso sei noch von dem starken konsequenten Einsatz für den Umweltschutz berichtet, wie z.B. innerhalb des Betriebes durch
vielfältige Aktivitäten, als auch durch ihr Engagement für die Erhaltung des Weißstorches. Vielfach wurde der Betrieb schon als
besonders umweltfreundlich ausgezeichnet, nicht zuletzt auch durch die Bügelverschlußflaschen, die sich wahrlich zu einem
Markenzeichen entwickelt haben.
Quellenverzeichnis:
* Chronik der Flensburger Brauereien von 1963
* Zeitungsberichte der Flensburger Nachrichten (später Flensburger Tageblatt) von 1873 bis 1963
* Unterlagen von Hans Loth (ehemaliger Betriebsratsvorsitzender)
* Ca. 15.000 Fotos & Kinoreklame von Harald Steiner (ehemaliger Expedient)
* Zeittafel der Flensburger Stadtgeschichte von 1931 (Flensb. Nachrichten)
* "Die Flensburger Actienbrauerei" von Thomas Raake
* "Geschichte der Flensburger Brauereien" von Björn Pingel
Club der Flensburger Brauereien Raritätensammler e.V.