1770 - 1985 Husumer Brauerei (Text: Jochen Niedermeyer)
Die ersten Anfänge
Das so genannte Herrenhaus in Husum, Markt 3, hat eine interessante Vergangenheit und ist in
früheren Jahrhunderten den Bewohnern Husums auch unter den Namen Münzhaus oder Freihaus
bekannt gewesen. Wann und von wem das Haus erbaut worden ist, darüber geben die
vorhandenen Urkunden keinen Aufschluss. Urkundlich erstmals erwähnt wird das Haus 1441 im
Rentebuch von St. Marien unter der Bezeichnung „unser Heren Hus”, was belegt, dass es damals
Adolf VIII., Herzog zu Schleswig und Grafen zu Holstein aus dem Schauenburger Hause (reg.
1427-1459), dem „Herren” von Husum, gehörte. Bei seinen Besuchen in Husum, die zur
Schlichtung von Streitigkeiten der Utlandfriesen häufig erforderlich waren, werden er und sein
Gefolge hier gewohnt haben.
Die Entwicklung der Husumer Bierbrauerei
Im Jahr 1770 erstand der Weinhändler Johann Homann in öffentlicher
Auktion das Herrenhaus von den Erben Greves für 5.000 Gulden. Die
Familie Homann hat das Herrenhaus 85 Jahre lang bewohnt. In diese
Zeit fiel zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine schwere
Wirtschaftskrise. Vermutlich gleich nach dem Erwerb des
Herrenhauses wurde damit begonnen, im Keller obergäriges
Braunbier zu brauen, und damit der Grundstein gelegt für die
Husumer Bierbrauerei. Sie ist zu diesem Zeitpunkt in Husum eine von 70 existierenden Brauereien
und Brennereien.
Der damals noch drei Geschosse umfassende Boden des Herrenhauses hat als Lager für Gerste
und Hopfen gedient. In der Nordfront des Hauses sind noch die Umrisse einer großen, von einem
Holzbalken getragenen Toreinfahrt zu erkennen. Die südöstliche Eckwand der Darre (Gebäude mit
Luftdurchzug zum Trocknen der Gerste, heute Schlossgang 1a) wurde nach unten hin abgeschrägt,
um den Fuhrwerken das Wenden auf dem Hofplatz zu ermöglichen. Mit dem Beginn des
Braugewerbes gingen die auf dem Herrenhaus ruhenden Privilegien verloren.
Die Familie verkaufte das Anwesen im Jahre 1855 dem Kieler Brauer Friedrich August Wulff. Dieser erhält am 11.10.1855 von
der Kopenhagener / Gottorper Regierung (vom dänischen König) als erster Husumer die Genehmigung eine untergärige
Brauerei anzusiedeln und begann mit dem Ausbau der Brauerei. Viele An- und Umbauten wurden erforderlich und er sah sich
gezwungen, die Brauerei 1874 an den Brauereibesitzer Arnold Kemper und den Kaufmann Anton P. Martens weiter zu
verkauften. Diese mussten die Brauerei 1882 aus finanziellen Gründen in die Aktiengesellschaft „Husumer Brauerei AG“
umwandeln, an der fast die ganze Husumer Kaufmannschaft beteiligt war. Wahrscheinlich bald nach 1874 ist der alte
Gewölbekeller am Schlossgang mit einem viergeschossigen Brauereigebäude und Nebengebäuden zur Lagerung und
Auslieferung von Bier überbaut worden.
Am 19.10.1885 kaufte der Brauer Hans Christian Clausen Fuglsang aus Hadersleben die Brauerei mit dem Herrenhaus.
Seitdem firmierte die Brauerei unter dem Namen "Husumer Bierbrauerei Clausen Fuglsang". Er ließ 1897 die nach dem
Neubau der Brauerei nicht mehr benötigte Darre zum Kontor mit Remise umbauen und nördlich, an die Brauereigebäude
anschließend, im Jahre 1898 eine Mineralwasserfabrik und ein Eiswerk errichten. Den jährlichen Bierabsatz kann er von 1895
bis 1913/14 um 50% erhöhen.
Nach dem Ersten Weltkrieg herrscht ein Kampf gegen die allgemeine Wirtschaftskrise, der viele Brauereien zum Opfer fallen.
Außerdem droht die Übernahme durch die großen Hamburg / Kieler Brauereikonzerne, diese versuchen alles zu übernehmen
und stillzulegen. Insgesamt dauert dieser Kampf gegen die Kriegsfolgen und das Großkapital mehr als ein Jahrzehnt. In dieser
Zeit wird die Produktion verstärkt auf hochprozentige Spezialbiere verlegt, wie z.B. Herrenhaus Pils und Rebellenbock. Sie
erreicht schließlich sogar über 50 % des Gesamtumsatzes. Anfang der dreißiger Jahre wird sogar noch ein Biervertrieb für
Weißbier, Topa-Biere und dunkle bayrische Biere aufgenommen.
Ab 1948 / 49 wurde auf die Herstellung einfachen Lagerbieres verzichtet und ausschließlich Spezialbiere produziert. Es waren
“Das Echte Herrenhaus-Pils” (Export-Pilsener), das “Ritter St. Jürgen Spezial (Export Märzenbier) sowie das “Rebellenbock des
Husumer Herrenhauses” (ein schweres dunkles Bockbier von Dezember bis April ausgegeben).
In ganz Schleswig-Holstein gibt es 1953 noch 7 Brauereien. Bereits jetzt wirbt die
Brauerei, anlässlich des 350-Jahr-Feier der Stadt Husum, zu dem sie das Jubilator-
Bier herausbringt, mit der Einhaltung des Reinheitsgebotes.
Als Clausen Fuglsang 70 jährig durch einen Betriebsunfall 1936 starb, erbte seine
Frau Clara Fuglsang (geb. Voelkner aus Husum). Die Leitung des Betriebes
übernahm sein Sohn Walter Fuglsang und führte ihn bis 1959. In den letzten Jahren
der Brauerei hatte sie Vertretungen in Flensburg, Kiel, Schleswig, Nortorf, Tönning,
Eckernförde, Niebüll, Westerland / Sylt, Hörnum Sylt, Wyk / Föhr, Wittdün / Amrum,
Leck, Langenhorn, Viol und Eggebeck.
Der Einfluss der Flensburger Brauereien beginnt
Am 01.10.1959 pachtete die Flensburger
Brauereien Emil Petersen & Co. KG die Husumer
Brauerei und deren Brauereigebäude. Die
Produktion wurde noch im gleichen Jahr nach
Flensburg verlagert. 1979 wurden mit Ausnahme des
ehemaligen Hopfen- und Gerstelagers, des
Kontorgebäudes und des Hauses des Kontorleiters
(Schlossgang 1,1a und 4) die Gebäude abgebrochen
und durch eine Wohnbebauung ersetzt.
Ab 1980 durfte Husumer Bier aus
Wettbewerbsgründen nicht mehr in Flensburg
gebraut werden, woraufhin die Produktion am
30.09.1980 unter dem Namen „Husumer Brauerei“
eingestellt wurde. Ein Jahr später wird der Name der
Husumer Brauerei geändert von “Husumer
Bierbrauerei Clausen Fuglsang Zweigniederlassung
der Flensburger Brauereien Emil Petersen & Co
Kom. Ges. Husum” in “Husumer Bierbrauerei,
Zweigniederlassung der Flensburger Brauereien
Emil Petersen & Co. KG”.
Am 09.08.1985 wird die Zweigniederlassung der
„Husumer Bierbrauerei, Zweigniederlassung der
Flensburger Brauereien Emil Petersen & Co. KG“ aufgehoben. Damit hat die Husumer Bierbrauerei endgültig aufgehört zu
existieren.
Club der Flensburger Brauereien Raritätensammler e.V.