1919 - 1937 Flensburger Brauereien A.-G. (Text: Stephan Wiese) Das heißt nach langen, zähen Verhandlungen: Stillegung der Actienbrauerei und Weiterführung des Betriebs der Exportbrauerei unter neuem Firmennamen. Der Standort am Munketoft ist aus mehreren Gründen geeigneter. Zum einen sind die technischen Anlagen und das Brauwasser besser, zum anderen ist die Lage günstiger. Bereits im August beschließt die Generalversammlung die Erhöhung des Aktienkapitals um 300.000 auf 1.050.000 Mark durch die Ausgabe 300 neuer Aktien zu je 1.000 Mark. Anfang 1920 entscheidet das Volk per Abstimmung über das Schicksal Nordschleswigs und der künftigen Grenzziehung von Deutschland und Dänemark. Die Folge ist ein weiterer Schlag für den noch jungen Neubetrieb, denn das gesamte Absatzgebiet des nordschleswigschen Hinterlandes fällt künftig weg. Schon zwei Jahre später werden wieder 1.050 Aktien zu 1.000 Mark nachgelegt, um wichtige Investitionen zu tätigen, zudem werden Grundstücke an die Eisenbahn verkauft, da diese eine Verlegung des Bahnhofes an die heutige Stelle beabsichtigen. Im Juni 1922 wird der Name "Flensburger Pilsener" geboren, zwar wird schon immer ein Pilsener gebraut, jedoch nicht unter diesem markanten, heute noch üblichen Namen. Im Winter folgt erstmals ein speziell für die Festtage gebrautes "Festbräu", ein tiefdunkles Bier. Schon seit Anfang des Jahres schlägt sich die starke Inflation auf die Bierpreise nieder. Der Gipfel ist am 05.10.1923 erreicht: Da kostet eine Flasche "Flensburger Pilsener" sage und staune 12.500.000 Mark, kein billiges Vergnügen, mag man denken. Im November 1923 folgt dann endlich die langersehnte Währungsreform mit Einführung der Renten- oder Goldmark. Leider gelingt es nicht, noch vor der Umstellung die beabsichtigten Investitionen in Mark durchzuführen. Diese und noch andere Gelder gehen dadurch unwiederbringlich verloren. Als nun diese Situation erkannt wird, muß das Aktienkapital angeglichen werden, so wird es auf 630.000 Mark herabgesetzt. Der Wert der 1.000 Mark-Aktie verringert sich auf einen Nennwert von nur noch 300 Mark, traurig aber wahr. Trotz der finanziellen Rückschläge verzeichnet die Brauerei bis 1930 Gewinnausschüttungen von durchschnittlich 10 %. Gar nicht schlecht für eine Zeit, in der die Menschen erst einmal wieder an das Bier gewöhnt werden müssen. Den übrigen kommt man mit der Produktion von alkoholfreien Getränken sehr entgegen. Nach 1929 beginnt die vernichtende Weltwirtschaftskrise, die ein Heer von Arbeitslosen hinter sich herzieht, die sich nunmehr kein Bier mehr leisten können. Ein Teufelskreislauf beginnt gnadenlos: Fehlender Umsatz, schlechte Zahlungsmoral der Gastwirte und damit zwangsläufig Zahlungszwänge an die eigenen Gläubiger. Im September 1931 müssen schließlich Verhandlungen mit ihnen eingeleitet werden und jetzt kommt das Aufsichtsratsmitglied Emil Petersen offiziell ins Spiel. Weniger ein Spiel, ist es für ihn vielmehr eine große Herausforderung. Er beweist schnell, daß er eine wichtige Persönlichkeit für die Bewältigung der Probleme darstellt. Denn er ist nicht bereit zuzusehen, wie u.a. sein Vermögen mehr und mehr an Wert verliert und sagt den anstehenden Problemen den Kampf an. Es ist vor allem seinem persönlichem Geschick zu verdanken, daß auch heute noch in Flensburg in großem Stile Bier gebraut wird. Denn er war der weitsichtige Verhandlungspartner, der eine Stundung der Hypothekenschuld, sowie günstige Konditionen der Restschuld und Tilgungsabkommen mit den Lieferanten erreicht. Es folgen Lohnbrauverträge mit anderen Brauereien, in dieser Zeit wird nicht mehr selbst gebraut. Der Wert des Betriebes sinkt weiter und bewirkt, daß im Januar 1933 das Stammkapital auf nunmehr 420.000 Reichsmark dotiert wird, per Aktie auf 200 Mark. Im Juni 1933 wird der Braubetrieb wieder aufgenommen und schon 3 Monate später lädt die Brauerei zur Bierprobe in die Brauerei ein. Die Zeitung verkündet dieser Tage: "Trinkt nur noch unser Bier" (siehe Abb. rechts). Schon jetzt macht sich ein Hauch von Nationalstolz breit, denn Anfang 1934 wird die Brauerei in der Tageszeitung in einer "Ehrentafel der Arbeit" für 18 neu eingestellte Arbeitskräfte geehrt. Im gleichen Jahr wechselt Emil Petersen vom Aufsichtsrat in den Brauereivorstand und sorgt so für dringend notwendige Erneuerungen, wie z.B. neue Sudeinrichtungen, Läuterbottiche, Aluminiumtanks und einem neuen Fuhrpark mit neuzeitlichem Gesicht, sowie Bierflaschen mit geschmackvollen Etiketten. Eben jene sind heute seltene Raritäten und werden von uns liebevoll in Ehren gehalten. Werbeanzeige vom 24.06.1933 Flensburger Brauereien Emil Petersen K.G.
Club der Flensburger Brauereien Raritätensammler e.V.